Prof. Dr.-Ing. Berthold Schlecht, Dr.-Ing. Thomas Rosenlöcher, Technische Universität Dresden
Die Auslegung und Dimensionierung von Schiffsantrieben ist aufgrund der vielfältigen Antriebsstrang- und Schiffskonzepte, die unter sehr verschiedenen Betriebsbedingungen operieren müssen und gleichzeitig mit hohen Anforderungen an die Zuverlässigkeit zu konstruieren sind, ein sehr komplexes Aufgabengebiet, in dem die Möglichkeiten der dynamischen Simulation zumeist nur in Form einfacher Torsionsschwingermodelle zum Einsatz kommen. Neben dem klassischen Konzept des über eine lange Welle angetriebenen starren Schiffspropellers werden Wasserstrahltriebwerke, Strahlruderantriebe und auch Sonderlösungen wie der Voith-Schneider Antrieb verwendet. Strahlruderantriebe sind unterhalb des Schiffsrumpfes angebracht und um die vertikale Achse frei schwenkbar, so dass neben dem schiebenden oder ziehenden Vortrieb auch die Funktion des Ruders durch den Antrieb übernommen werden kann. Dabei wird die Antriebsleistung entweder direkt über einen in der Gondel eingebauten Elektromotor bereitgestellt (ABB, Rolls-Royce) oder mit Hilfe eines Getriebes von der im Schiffsrumpf platzierten leistungserzeugenden Antriebseinheit bezogen (Schottel, Rolls-Royce, Wärtsilä). Die mit Getrieben ausgestatteten Strahlruderantriebe können durch schnelllaufende Elektromotoren oder Verbrennungsmotoren auch bei konstanter Drehzahl angetrieben werden, indem der bereitgestellte Schub mit Hilfe von drehbaren Propellerblättern angepasst wird. Aufgrund der guten Manövriereigenschaften von Strahlruderantrieben werden diese Antriebe bevorzugt für Fähren und Schlepper eingesetzt, beziehungsweise finden bei besonderen Anforderungen an die Positionierungsgenauigkeit in Schiffen für Öl- und Gasbohrungen sowie der Meeresforschung Anwendung. Zunehmend kommen die Antriebe auch in Schiffen zum Einsatz, die in vereisten Gewässern operieren. Unabhängig vom Einsatzgebiet der Antriebe ergeben sich aufgrund der kombinierten Funktion aus Antreiben und Rudern sowie der zumeist paarweisen, außermittigen Anordnung gegenüber den klassischen Antriebskonzepten veränderte Auslegungslasten. Neben den auftretenden Torsionsmomenten sind die aus den Ruderbewegungen und den Anströmungsverhältnissen resultierenden Biegemomente um die vertikale Achse für die verschiedenen Betriebsbedingungen zu berücksichtigen, die sich aus den vielfältigen Kombinationen der Lasten für den Propeller und die Gondel ergeben. Eine Ermittlung der im Betrieb auftretenden Belastungen für die Antriebsstrangkomponenten und die Untersuchung der dynamischen Eigenschaften kann durch den aufwendigen Einsatz umfangreicher Messtechnik in dem Strahlruderantrieb oder mit Hilfe detaillierter Simulationsmodelle erfolgen. Bei der messtechnischen Erfassung der Betriebszustände stellen vor allem die schwierigen Umgebungsbedingungen und die fehlende Zugänglichkeit nach der Installation eine große Herausforderung dar, wodurch derartige Messungen nur in Ausnahmefällen zur Bereitstellung der erforderlichen Daten herangezogen werden können. Der Aufbau eines Simulationsmodells für den Antriebsstrang eines Strahlruderantriebs ist jedoch bereits im Produktentwicklungsprozess möglich. Am Beispiel eines 5 MW Strahlruderantriebes sollen die Möglichkeiten und Herausforderungen einer entwicklungsbegleitenden Bewertung und Optimierung des dynamischen Verhaltens des Antriebsstranges gezeigt werden. Aufbauend auf einer Diskussion der Auslegungslasten und der Wechselwirkungen zwischen auftretenden Spannungen, Verformungen und resultierenden Verlagerungen der Antriebsstrangkomponenten gilt es, mögliche Konstruktionsvarianten zu analysieren. Die Darstellung des Aufbaus eines detaillierten Mehrkörpersystem-Simulationsmodells des Antriebsstranges und die Auswertung von Untersuchungen im Frequenz- und Zeitbereich dient zur kritischen Bewertung der getroffenen Annahmen für die Auslegungslasten.
The design and dimensioning of drives for ships is due to the manifold drive train and ship concepts a complex challenge. Under different operational conditions high demands on the reliability must be satisfied. Compared to other branches the possibilities of software to analyse the dynamic behaviour of ship drives are mostly used to investigate torsional vibration models. Next to the classic concept where a fixed propeller is driven by a long shaft, also water jets, thrusters and special solutions like the Voith-Schneider drive are used. Thrusters are mounted underneath the ship hull and supported rotatable around the vertical axis, so that additionally to the pushing or pulling propulsion the steering function can be fulfilled. The required drive power can be supplied by an electrical motor, which is directly connected to the propeller and mounted in the nacelle (ABB, Rolls-Royce). By means of a bevel gear stage it is possible to place the power providing drive unit in the ship hull (Schottel, Rolls-Royce, Wärtsilä). Thrusters which are using gearboxes can be driven by a high-speed electric motor or combustion engine at a constant operational speed if the provided thrust can by adjusted by pitchable propeller blades. Due to the good manoeuvring capabilities thrusters are preferable used as drives for ferries, tug boats and when special demands on the positioning accuracy in ships for oil- and gas drilling and for marine research are requested. Thrusters are also increasingly used in ships which operate in icy waters. Independent from the area where the thrusters are in operation, the combined function of propulsion and steering as well as the paired positioning on both sides of the ship leads to operational loads which cannot be compared to classic ship drives. Next to the occurring torque, the steering motions and inflow conditions are leading to bending moments around the vertical axis. The combination of the different loads under changing operational conditions must be considered to define design loads for the propeller and the nacelle. The determination of the occurring loads for the drive train components and the analysis of the dynamic properties can be done by an expensive application of measurement sensors in the thruster or by means of detailed simulation models. For the measurement of operational conditions especially the complicated environmental conditions and the lack of accessibility after the installation are the main challenges. Therefore such measurements cannot be seen as a usual solution to determine design loads. However the assembly of simulation models of the drive train can already be done during the product development process and can help to understand the dynamic behaviour of the system in a very early stage. By the example of a 5 MW thruster the possibilities and challenges of a development accompanying analysis and optimisation of the dynamic behaviour of the drive train should be shown. On basis of a discussion to the design loads and the interaction between occurring stress, deformation and resulting displacement of the drive train components, possible design variants will be analysed. The presentation of the assembly of a detailed multibody system simulation model of the drive train and the evaluation of analysis in the frequency and time domain are used to evaluate the assumptions for the design loads.