Hamburg, 16.11.2022
Liebe Mitglieder,
als wir uns das letzte Mal hier im Hotel Hafen Hamburg im Jahre 2018 zur Hauptversammlung der STG getroffen haben, konnte wohl kaum jemand von uns ahnen, wie sich die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen innerhalb von vier Jahren ändern werden.
Ein kleines aber sehr flexibles Virus hat unser Leben in nahezu allen Belangen nachhaltig verändert und die maritimen Transport- und Lieferketten der Werft- und Zulieferindustrie massiv beeinträchtigt. Die Auswirkungen des Klimawandels werden immer deutlicher sichtbar, die maritime Industrie steht vor großen Herausforderungen hinsichtlich der Reduktion der Treibhausgasemissionen. Das internationale politische Klima ist schlechter als zu Zeiten des Kalten Krieges – Bundeskanzler Olaf Scholz hat vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine – das Wort „Zeitenwende“ benutzt. Das Programm der 117. Hauptversammlung der STG ist von diesen neuen Herausforderungen geprägt. Ein demokratischer Staat muss wehrhaft sein, um seine Werte zu verteidigen – dazu gehört eine zukunftsfähige Marine. Für den Vortrag des Begrüßungsabends wurde daher das Thema Marineschiffbau in Deutschland gewählt. Die Zukunft der deutschen Marine wird in einem weiteren Vortrag erläutert.
Neue Technologien basieren häufig auf den Ergebnissen der Grundlagenforschung. In insgesamt vier Vorträgen werden Dissertationen und Abschlussarbeiten aus den Hochschulen zu den Themen Hydrodynamik, Kavitation und Festigkeit von Schweiß-Konstruktionen vorgestellt. Die Vorträge unseres wissenschaftlichen Nachwuchses sowie die zahlreich zu dieser Hauptversammlung erschienenen Studierenden dürfen aber nicht darüber hinwegsehen lassen, dass wir in der Schiffstechnik mitten im Fachkräftemangel angekommen sind. Viel zu wenig Studierende haben leider den Weg an unsere schiffbaulichen Bildungseinrichtungen gefunden, und so laufen wir geradewegs auf einen eklatanten Mangel an qualifizierten Absolventen hinaus. Davon ist natürlich auch die STG besonders betroffen.
Die Binnenschifffahrt steht ebenfalls vor neuen Herausforderungen, wie die Wasserstände der europäischen großen Flüsse in diesem Sommer gezeigt haben. In diesjährigen Vorträgen wird über nachhaltige Transportsysteme auf Flüssen mit wechselnden Wasserständen und über die Nachrüstbarkeit von Antrieben für die Flachwasserfahrt berichtet. Das autonome Fahren von Binnenfahrzeugen mit Hybridantrieben wird, als eine weitere Möglichkeit, die Nutzung dieser Fahrzeuge zu optimieren, vorgestellt.
Die Klimaproblematik und die damit verbundenen neuen Regularien der IMO und der Flaggenstaaten haben eine neue Welle von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten initiiert. Im Fokus der diesjährigen Hauptversammlung stehen nachhaltige Kraftstoffe und Antriebskonzepte, umweltfreundliche Schiffsentwürfe und der maritime Umweltschutz.
Der Status und die Aussicht von Ammoniak als Kraftstoff für Schiffsdieselmotoren wird als eine Möglichkeit nicht fossile Kraftstoffe in der Schifffahrt einzusetzen, betrachtet. Hybridantriebe sind zurzeit insbesondere für Kreuzfahrtschiffe eine Lösung, den Antrieb umweltfreundlicher zu gestalten. Über die intelligente Auslegung und Optimierung solcher Anlagen wird in einem weiteren Vortrag berichtet.
Eine Renaissance des Antriebes durch Windkraft wird zumindest als Zusatzantrieb wieder ernsthaft diskutiert, zu diesem Thema werden zwei Vorträge gehalten. Als Hauptantrieb wird man auf den Propeller jedoch grundsätzlich nicht verzichten können – hierzu werden verschiedene Entwurfskriterien und Propulsionsprognosen vorgestellt.
Die IMO hat verschiedene neue Regularien hinsichtlich der Treibhausgasemissionen erlassen. Reeder und Werften müssen diese in relativ kurzer Zeit umsetzen. Routen-Simulation in der Designphase und der Einsatz von Bugflügeln sind Möglichkeiten, die Emissionen zu minimieren. Die akustische Verschmutzung der Meere durch Schallemissionen von Schiffen sind ein weiteres Thema. Hier werden zukünftige Anforderungen zur Begrenzung des Unterwasserschalls vorgestellt. Die Schiffssicherheit ist eine Voraussetzung für den maritimen Umweltschutz, wobei der Erhalt der Manövrierfähigkeit und des Vortriebs eine entscheidende Bedeutung hat. Durch den Einsatz von datenbasierten Systemen zur Torsionsschwingungsüberwachung von Antriebsanlagen von Schiffen können Schäden erkannt und vermieden werden, auch diese Technologie ist ein Beitrag zum maritimen Umweltschutz.
Der Hafen in Hamburg ist nach wie vor das Herz der Stadt, das sich permanent verändert. Auf einer Rundfahrt nach Blankenese und zurück in die HafenCity werden die Highlights von fachkundigen Experten kommentiert.
Ich freue mich darauf, Sie am 16. November in Hamburg zur Hauptversammlung mit diesem attraktiven Programm begrüßen zu dürfen und wünsche Ihnen interessante Diskussionen und einen regen Gedankenaustausch – verbunden mit der Hoffnung, dass die Teilnahme an der Hauptversammlung zur Steigerung der Berufs- und Lebensqualität beitragen kann.
Mit besten Grüßen
Prof. Dr.-Ing. Stefan Krüger
Vorsitzender