Hannah Ohorn, Dipl.-Ing. Christoph Gessner, CPO Containerschiffreederei (GmbH & Co.) KG; Dr.-Ing. Lothar Kurtze, Dr. Andreas Thalhammer, Geislinger GmbH; Prof. Dr.-Ing. Hinrich Mohr, GasKraft Engineering / Geislinger GmbH
Um auf Kundenanforderung schnell reagieren zu können, verlangt der zeitgemäße Seetransport bezüglich Schiffsgeschwindigkeit und Reihenfolge und Anzahl der angelaufenen Häfen eine deutlich flexiblere Anpassung der Fahrpläne als das bisher der Fall war. Dies führt dazu, dass die Auslegung eines Schiffes heutzutage nicht nur für einen bestimmten Betriebspunkt erfolgt – aus der „Single Point Optimisation“ ist eine „Multi Point Optimisation“ geworden. Hiervon sind natürlich auch die Antriebsanlagen betroffen, die in einem deutlich breiteren Betriebsbereich als bisher dauerhaft sicher und kostengünstig funktionieren müssen. Auf der Schwingungsseite ist zunächst eine deutlich erweiterte Dreh-schwingungsrechnung erforderlich. Betriebszeiten mit hohen Belastungen, wie sie beispielsweise bei starkem Seegang, Fahrten im Eis oder durch langsames Durchfahren eines Sperrbereichs auftreten können, sind theoretisch schwierig zu erfassen. Ähnliches gilt für Großcontainerschiffe, für die jede Revierfahrt den Betrieb in seichten Gewässern mit entsprechend größeren Wechselwirkungen des Propellers auf den Antrieb bedeutet. In diesen Fällen ist eine permanente Drehschwingungsüberwachung des Antriebs¬strangs sinnvoll, um Schäden zu vermeiden oder zumindest den Instandhaltungsaufwand durch Vergrößerung der Wartungsintervalle von Komponenten wie Kupplungen und Dämpfer zu reduzieren. Gleiches gilt für Anwendungsfälle, bei denen sich durch ein aus wirtschaftlichen Gründen durchgeführtes 'de-rating' oder 're-engineering' der Antriebsanlage die Drehschwingungsparameter gegenüber der ursprünglichen Auslegung verändert haben. Es ist zu erwarten, dass das 'de-rating' von Antriebsanlagen insbesondere durch die letzten Gesetzesänderungen bezüglich der schifffahrtsinduzierten Schadstoffemis-sionen zunehmen wird. Hier sind insbesondere die im letzten Jahr durch die IMO als Amendments zum MARPOL Annex VI angenommenen Regeln 23 und 25 (EEXI) sowie 28 (CII) zu nennen. Hierbei gilt die Leistungsreduzierung der Antriebsanlage derzeit als einfacher und kostengünstiger Weg, den Energy Efficiency Index für existierende Schiffe zu reduzieren. Die Firma Geislinger hat für die oben genannten Anwendungen ein neues Überwachungssystem entwickelt, das eine permanente Drehschwingungsüber-wachung des Antriebsstrangs zulässt. Es erfasst Messgrößen wie Drehzahlen, Leistung, Drehschwingungsamplituden (Schwingwinkel und Verdrehung), Druck- und Temperaturdaten. Mit dem neu entwickelten System wurde die Möglichkeit geschaffen, die Daten von Bord kontinuierlich über eine Internetverbindung an Land zu senden. Darüber hinaus wird auch durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und der Simulationstechnik der 'Digitalen Zwillinge' eine Anomalie-Erkennung integriert. Mit der Reederei Claus Peter Offen (CPO) wurde ein Kunde und Partner gefunden, bei dem mit diesem System ausführliche Erfahrungen im Rahmen einer Pilotinstallation auf der „MSC La Spezia“, einem Super-Postpanmax-Containerschiff, gewonnen werden konnten. Der Vortrag gibt Einblicke in die Installation und die daraus resultierenden Ergebnisse, wie z.B. die kombinierte Analyse von Betriebsdaten und Schwingungsmessungen oder die Einflüsse auf die Torsionsschwingungsanalyse durch Wechselwirkungen mit dem für Slow Steaming optimierten Schiffspropeller. Die Reederei kann auf Basis der vorliegenden Informationen und Analysen neben der Bewertung des Zustandes des Antriebsstrangs auch zukünftig eine optimierte Planung von Instandhaltungs-maßnahmen sowie eine Vermeidung von kritischen Betriebszuständen vornehmen.