Volker Paatz, Hochschule Flensburg
Die Flensburger Förde trennt die beiden Nachbarländer Deutschland und Dänemark und teilt die Stadt Flensburg. Für eine Verbindung auf dem Landweg wäre ein Umweg von bis zu 50 km in Kauf zu nehmen. Daher ist es naheliegend Touristen und Einwohnern eine Fährverbindung über die Flensburger Förde anzubieten. Weiterhin könnte mit Fährverbindungen im Flensburger Stadtgebiet der Nahverkehr aufgewertet werden.
Jedoch würde sich auf Grund des geringen zu erwartenden Passagieraufkommens eine herkömmlich betriebene Fahrrad- und Personenfähre nur schwer rentieren. Ein autonom fahrendes Schiff müsste nicht dauerhaft durch mindestens eine Person betreut werden. So entfallen kostspielige Wartezeiten des Fährpersonals. Auf diesen Überlegungen beruht die Idee einer autonomen Personen- und Fahr-radfähre, welche nach Bedarf die Ufer der Flensburger Förde miteinander verbindet.
Im Rahmen dieser Arbeit war ein Antriebskonzept für solch eine Fähre zu erstellen. Die nötige An-triebsleistung war zu bestimmen und ein geeigneter elektrischer Antrieb sowie ein Energiespeicher-konzept, basierend auf Litium-Ionen-Akkumulatoren, zu wählen. Weiterhin waren grundlegende Kennzahlen zur Auslegung des elektrischen Systems festzulegen. Die Arbeit ist Teil der grundsätzlichen Vor-bereitung einer autonomen Hafenfähre im Flensburger Stadtgebiet (Partner: ZIM-Netzwerk SCAS, Stadt Flensburg, AktivBus Flensburg, Fördereederei Seetouristik).
Dass die Fähre den „Safe Return to Port“ Regularien der IMO entsprechen soll, führte dazu, dass alle wesentlichen Antriebskomponenten doppelt ausgelegt wurden und der Betrieb der Fähre nicht nur im Auslegungszustand sondern auch bei schlechtem Wetter und dem Ausfall jeweils einer wesentlichen Antriebskomponente zu betrachten war. Die Fähre wurde anhand von Schiffen, die in Bezug auf Kon-zept, Passagierzahl und Fahrtgebiet den Anforderungen ähneln, dimensioniert und darauf basierend der Schiffswiderstand sowie die erforderliche Antriebsleistung berechnet und ein passender Antrieb gewählt.
Da die Fähre nicht nach einem genauen Zeitplan, sondern auf Zuruf verkehren soll, lässt sich kein wie-derkehrendes Fahrprofil aufstellen. Dennoch sind Stoßzeiten zu erwarten, in denen mehrere Fahrten direkt hintereinander zu absolvieren sind. Es wurden ein entsprechendes Profil erstellt, darauf basie-rend alle erforderlichen Kennzahlen des Speichers errechnet und anhand eines beispielhaften Betriebstages gezeigte, dass mit der gewählten Speicherkapazität eine ausreichend hohe Anzahl an Fahrten möglich ist. Bei der Wahl der Zell-Chemie wurde die Sicherheit gegen thermisches Überhitzen als ein wesentliches Kriterium angesehen, da kein Fährpersonal an Bord ist, welches bei Gefahr erste Maß-nahmen zum Schutz der Passagiere einleiten könnte. Aus unterschiedlichen, für maritime Anwendungen konzipierten, Speicherkonzepten wurde auf Basis der vorhergehenden Überlegungen eine pas-sende Lösung ausgewählt und ein Nutzungsprofil des Speichers erstellt. Um an Bord Platz zu sparen, sollen die Energiespeicher von auf den Anlegern installierten Ladegleichrichtern versorgt werden. Für den autonomen Ladevorgang wurde die Möglichkeit des induktiven Ladens betrachtet sowie die eines Roboterarms zum Herstellen der Kabelverbindung.
Das hier erarbeitete Konzept bietet die Grundlage für die detaillierte Antriebsauslegung einer autonom fahrenden Personen- und Fahrradgebiet für das Einsatzgebiet „Flensburger Förde“.