Dr.-Ing. Marcel Baltzer, Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie, Wachtberg
Motiviert durch die weltpolitische Lage und ihren Anforderungen und angetrieben durch technischen Fortschritt, werden Systeme der Bundeswehr neu konzipiert oder durch Kampfwertsteigerungen angepasst. Sie stehen dabei im Spannungsfeld von Kampfkraft, Manövrierfähigkeit und Schutz der eigenen Soldaten und der Zivilbevölkerung.
Um diese verschiedenen Faktoren systematisch und effizient zu erforschen, bieten sich so genannte digitale Zwillinge an, die ein Abbild der Realität in der virtuellen Welt (Virtual reality, VR) sind. Innerhalb dieser virtuellen Welt lassen sich Interaktionskonzepte effizient erforschen und geben Hinweise auf empfehlenswerte und nicht empfehlenswerte Instantiierungen in der realen Welt.
Ein Beispiel dafür ist der Schützenpanzer (SPz) PUMA. Um dem Schutz der Besatzung bei gleichzeitiger hoher Wirkfähigkeit im SPz PUMA Genüge zu tragen, soll die Überlebensfähigkeit z.B. durch eine Verbesserung des Situationsbewusstseins mit Hilfe modernster Sichtsysteme, erhöht werden. Damit diese von den verschiedenen Besatzungsmitgliedern, z.B. dem Kraftfahrer Bundeswehr, Kommandant und Richtschütze genutzt werden können, müssen eine Reihe von ergonomischen Fragestellungen durch eine technische und wissenschaftliche Begleitung beantwortet werden. Einerseits sind die wehrtechnischen Dienststellen (WTD) aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung auf diese Herausforderung prinzipiell vorbereitet. Andererseits ist dabei aufgrund des Neuheitsgrades von Sichtergänzungs- und Sichtersatzmitteln beim Methodenrepertoire selbst eine Vielzahl von wissenschaftlichen Fragen offen, die unter Nutzung eines Digital Twins für die ergonomische Gestaltung in Virtual Reality erforscht werden sollten. Unter anderem sind die Darstellung von direkter Sicht unter Aspekten des Fahrens im öffentlichen Straßenverkehr (StVO) und des taktischen Fahrens im Gelände, die Orientierung im Gelände, das Beurteilen von Bodenbeschaffenheiten, Erkennen von Hindernissen etc. als Forschungsfragen zu nennen.
Ein weiteres Beispiel ist der Einsatz moderner Interaktionskonzepte bei Mensch-Unterwasserroboter-Systemen. Hier können mit Hilfe eines Digital Twins in der virtuellen Realität grundsätzliche Interaktionsformen, wie bspw. Blickrichtungsmessung in Kombination mit Gestenerkennung für die Führung von Mehrrobotersystemen (Schwärmen) eingesetzt werden.